Wir leben im „durch-uns-durch“-Zeitalter. Nichts geht mehr knapp an uns vorbei, alles geht durch uns durch.
Schon vor Hundert Jahren begann es damit: Radiowellen waberten unsichtbar durch die Welt. Das war der Beginn eines Grusels, den die Menschen schnell zu verdrängen begannen.
Solange man sich nachvollziehbar vorstellen konnte, dass etwas mit einer Leitung verbunden ist wie z. B. das Telefon, hatte man ein halbwegs gutes Gefühl.
Man konnte rein physikalisch verstehen, dass Teilnehmer A mit Teilnehmer B durch eben diese Leitung verbunden ist. Dafür wurden Milliarden Kilometer von Netz verlegt. Die elektrische Spannung darin war kaum nennenswert. Es gab immer eine Buchse an der Wand, in die man sein schnurgebundenes Telefon anstöpselte. Immerhin erstaunlich, dass das Telefon selbst keine Stromzufuhr benötigte. Irgendwie schon verrückt. Also, bis dahin war noch fast alles klar.
Ähnlich, aber schon entfernter vom direkten Draht, verhielt es sich mit dem Radio und dem Fernseher. Die waren beide immerhin abhängig von einer Stromzufuhr, einem nahe gelegenen Sendemasten und einer guten (Haus- oder Zimmer-) Antenne. Dann war der Empfang gut.
Interessant, wie schnell die Menschen diese Neuerung annehmen konnten, obwohl sie wussten, dass der Gedanke doch eigentlich gespenstisch war, dass man plötzlich Stimmen und Bilder empfangen konnte, die von ganz wo anders versendet wurden und zwar (fast) zeitgleich.
Der Gruselverdrängungsmechanismus ging sicherlich einher mit der Bequemlichkeitsliebe des Konsumenten, der sich- gestern wie heute- nach Zerstreuung um jeden Preis sehnt. Das Volk war plötzlich weg von der Straße und saß vorm Radio und vor der Glotze. Man wurde etwas immobiler und unkommunikativer, denn man war jetzt nicht mehr darauf angewiesen, sich Information durch Gespräche oder anstrengendes Lesen zu holen. Man konnte sich prima berieseln lassen und die Städte hatten plötzlich neben dem Stadtwald und dem Schilderwald noch einen Schüsselwald. Was früher in barocken Zeiten den reichen Leuten die Steinvasen und Statuen auf der Giebelwand waren, wurden die Satellitenschüsseln für Müllermeiers.
Dann kamen wir ins Zeitalter der neuen Mobilität. Plötzlich wollte jeder an jedem Ort der Welt seine Informationen erhalten dürfen und für jedermann jederzeit erreichbar sein. Es begann das Zeitalter der Pöbel- Funktechnik. Was vorher nur dem Militär, der Feuerwehr oder den Polizeiorganen vorbehalten war, sollte jetzt jeder Himpelpimpel auch haben können: Wichtigkeit! „Lassen Sie mich durch, ich bin wichtig.“ „Hört mir alle zu, was ich zu erzählen habe!“
Die gänzlich unsichtbare Funktechnik (Funkradio, Funkuhr, Funktelefon) entwickelte sich zum Fluch mit allen ihren Ausläufern. Seitdem explodiert nämlich das Massen-Gefunke um uns herum und durch uns durch. Jeder 2. hat ein Mobiltelefon (oder mehrere) und verseucht meine Zellen mit seinen Belanglosigkeiten („Du, ich bin in der U- Bahn und bin in 5 Minuten zu Hause“ – danke für die Information, Frau Schulze).
Man hat zu Hause fürs Internet einen Router, damit man in jedem Zimmer über W- Lan seinen Laptop ins Netz einloggen kann ohne dafür ein Kabel verlegen zu müssen. Viel zu aufwändig. Auch die Nachbarn können sich dann praktischerweise einklinken, denn durch die allerdicksten Altbauwände hindurch wird kräftig gesendet. Und das schnurlose (Funk-) Telefon macht das Ohr so schön warm nach einer halben Stunde Telefonat mit Mutti. Die harmlose Funkuhr an der Wand braucht nur eine Batterie und stellt sich dann von alleine um. Geisterhand! Örre!
Seitdem schlafen angeblich einige Menschen schlechter und beklagen sich über Konzentrationsschwierigkeiten und schleichende Depressionen. Die großen Konzerne, die den Mobil+ Funk-Markt betreiben, versichern immer wieder, dass es nicht an ihrer Technik liegen könne. Gleichzeitig aber halten sie Studien darüber zurück. Sie wissen genau, warum.
Jedes 10- jährige Kind bekommt heutztage von seinen Eltern ein Handy, weil das Argument der Telefonanbieter natürlich unschlagbar ist, dass man so sein Kind immer prima orten kann. Die Sorgen um die Brut sind verschwunden. Nur weiß man neuerdings auch, dass die Brut vielleicht erst gar nicht entstehen kann, weil Männer, die ihr Handy immer schön in der Hosentasche neben ihrem Willy tragen, nach und nach zeugungsschwächer werden. Strahlung vermindert die Erbgutqualität.
Es kommen eben immer mehr Ergebnisse von Langzeitstudien über Funkstrahlung ans Licht. Das mulmige Gefühl einiger Leute, die noch vor Jahren als Spinner verschrien wurden von den bequemen Konsumopfern, hat sich indes bestätigt. Sie sind froh, dass sie ihrem Kind kein Handy gegeben haben. Ihr Kind kann also gesund älter werden als 45; ohne Hirnkarzinom.
Wenn man durch die Straßen geht und sich einmal darauf einlässt finden zu wollen, was man sonst wegdrängt, dann ist man erstaunt, wie flächendeckend und unumkehrbar wir verstrahlt werden. An jeder Hausecke sitzt ein dicker Mobilfunkmast auf dem Dach.
Es gibt keinen Weg zurück. Es gibt keine saubere Technik. Jeder will teilhaben. Keiner will an die Konsequenzen denken. Alles geht dabei zu Grunde. Am Ende strahlen wir alle …