Blinzler

Als Fotograf sichtet man täglich etliche Bilder und sucht „die Besten“ heraus. Je nachdem, für welchen Anlaß und für wen die Bilder erstellt wurden, ist es natürlich vollkommene Ansichtssache, welche Bilder das Rennen machen.

Mich haben bei der Auswahl immer die Blinzler fasziniert: völlig abgedrehte, fast drogenhaft entstellte Gesichtsausdrücke, verrückt, entrückt, entzückt, verzerrt, grotesk, peinlich, albern, stets aber sehr expressiv.

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Was auch immer diese Gesichtsausdrücke bedeuten könnten, es gibt dafür eigentlich keine Worte. Denn in unserem Sprachgebrauch kann man ja nur ausdrücken, was man sehen kann, was unsere Vorfahren über Jahrhunderte hinweg vom Sehen in Sprache umgeformt haben. Da das Medium Fotografie erst knapp einhundert Jahre alt ist, hat es also noch etwas Zeit, bis für die Bilder Worte gefunden werden, die heute noch als Ausschuß voreilig gelöscht werden.

In der Zeit vor der Fotografie konnte niemand mit den bloßen Augen die Milisekunden wahrnehmen und gleichzeitig festhalten, in der ein Mensch gezwinkert hat. Es gibt daher folgerichtigerweise auch keine Gemälde oder Skulpturen mit verblinzelten Gesichtsausdrücken.

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Sie sind ja auch nicht immer vorteilhaft. Das ist ja nach wie vor meistens die Motivation zur Erstellung von Fotos.

Als ich mein Model, die Schauspielerin Anja Dreischmeier gefragt habe, ob ich diese für sie wenig schmeichelhaften Bilder verwenden darf hat sie sofort zugesagt mit den Worten: sie wolle meinen kreativ- künstlerischen Ideengang nicht stoppen. (Solche Personen nannte man früher Musen, heute sind es tolle Menschen! Dafür vielen Dank!)

Wer jetzt also gerade davon anfangen wollte, dass man doch solche Bilder auf keinen Fall zeigen dürfe weil es nicht politisch (hä?) korrekt oder sexistisch (hä?) oder gar rassistisch oder sonstewas sei (was‘ n jetze los?) der sei mal ganz beruhigt. Mir geht es immer darum, neue Sichtweisen zu gewinnen und niemals darum, jemanden vorzuführen.

Blinzelt doch mal öfters!!