Bankrettung

Alle reden davon, dass man diese oder jene Bank retten sollte. Ich habe da überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn es die richtige trifft. Die, die so marode ist, dass man ihr nicht mehr trauen kann, wenn man (sich) auf sie setzt. Da ist dringender Sanierungsbedarf angesagt, denn wir alle werden älter und es gehört zur Vorsorge eines Staates dazu, den Älteren einen bequemen Lebensabend zu gewährleisten!
Aber: lasst uns ein wirklich sinnvolles Bankenrettungsprogramm erschaffen! Lasst uns alle maroden Bänke dieses Landes retten!
Damit wir uns ausruhen können vom tagespolitischen Stress der Regierung, die offensichtlich nur noch Banken im Sinn hat und nicht an uns denkt!

Es gibt gelungene Beispiele von gut angelegten Bänken. Sie sind mit Witz und Eleganz gebaut wie die Oma-Sofas aus Beton und Kacheln in der Florastraße in Berlin. Sie stehen als Sinnbild für das Haus und deren Bewohnern, die dort als Grundmauern und deren Einrichtung nachgezeichnet sind. Auf ein Wiedererwachen wartet so manche Bank, die etwas verwaist aber immerhin gepflegt in einer ehemaligen Parkanlage steht. Eines Tages entdeckt jemand die lauschige Ruhe mit dem Retrohauch der 50er Jahre und macht diesen Ort wieder zu einem Lieblingsplatz zum Zeitunglesen mit Keksen und Thermoskanne.

Oft kommt es mehr auf die Masse der Sitzgelegenheiten an als auf die optischen Vorzüge. Das Sitzen möchte natürlich bequem wie möglich sein, nach all dem, was wir den ganzen Tag getan haben (was bei Bänkern selten vorkommen wird, dass sie eines Tages sitzen müssen für das, was sie getan haben), aber bei jeder Bank muss man natürlich überlegen, ob sie eine Bank sein soll, die zum langen Verweilen einladen soll oder nur für kurze Wartezeiten erschaffen wurde.

Man kann löblich herausstellen, dass die Berliner S-Bahngesellschaft im Einklang mit dem Denkmalschutz immerhin einige Holzbänke erhalten hat und sogar neue im alten dritte-Klasse-Stabholzdesign erbauen ließ. Man sitzt zwar nicht lange sehr gut darauf, aber die S- Bahn-Züge verkehren noch immer häufiger und pünktlicher als die der Deutschen Bahn. Über deren Bänke wollen wir uns erst gar nicht aufregen. Ich verweigere mich. Genauso unerfreulich sind nach wie vor die Bänke in Amtskorridoren.
Da hilft es auch nicht, wenn man Kunst darüber gehängt bekommt, denn bei den zu langen Wartezeiten erfreut nach einer Stunde nicht mehr der Zuwachs an geistig-kultureller Nahrung sondern eher die Bequemlichkeit für den Arsch.

Um ein gesundes Bankwesen zu erschaffen und zu erhalten, sollte man sich einfach bei den Bürgern vor ihrem Haus oder bei kleineren, nichtstaatlichen Organisationen abschauen, was die richtig machen.
Eine Bank alleine in der (Stadt-) Landschaft macht noch keinen Ruheort aus, da muss noch etwas Umgebungsstimmung geschaffen werden: Farbe, Pflanzen, Objekte.
Auch die Friedhöfe eignen sich zum Verschnaufen. Sie haben oft die Ruhe, die Pflege und den wenigen Vandalismus, der es gemütlich werden lässt. Schwätzchen mit kompletter Lebensgeschichte inbegriffen.

Es gibt noch viele Bänke zu retten. Wir müssen sie hervorholen. Sie uns aneignen. Die Hoheit übernehmen über den idealen Standort und wieder Patenschaften einführen.

Lasst uns die Bänke von den lauten Straßen und Gehwegen an die schützenden Wände der Häuser setzen; sie überhaupt mehr in die ruhigen Ecken stellen. Lasst uns die schönen alten Wartehäuschen abreißen und der Sonne entgegengedreht neu aufbauen, damit sie wieder gefüllt werden von Menschen und nicht nur von Unrat und Notdurft.

Diejenigen, die heute Bänke verschmutzen und vandalieren, werden mit zunehmendem Alter und ersten Rückenbeschwerden eines Tages froh sein, dass es Menschen gab, die Bänke gerettet haben – entgegen dem Trend. Nur geduldig sein, es zeihen, woher soll die Jugend denn wissen, wie schwer es ist, älter und krummer zu werden und dabei doch immer aufrecht zu bleiben?